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IFA – Vereinfachung und Verlässlichkeit im Fokus

„Simplify your life“: Der Titel des Bestseller-Ratgebers, der sich seit Beginn der 2000er Jahre hartnäckig in Buchhandlungen landauf und landab hält, ist mittlerweile selbst zum geflügelten Wort geworden – und könnte als gemeinsame Überschrift für das stehen, was ein Gros der Produzenten aus dem Hausgerätebereich auf der derzeit stattfindenden IFA 2024 in Berlin (re-)präsentiert.

 

Einfache Lösungen in schwierigen Zeiten

Simplifizierung, also die Vereinfachung von Koch- und Backprozessen und damit auch des Lebensalltags von Konsument:innen, ist das große Schlagwort der diesjährigen Technikneuheiten. Oder vielmehr: des bereits bestehenden Hausgerätesortiments, denn bis auf eine Marke hatten nahezu alle Hersteller (z.B. Siemens, Bosch, Miele, Liebherr) die bereits bekannte Produktpalette mit an Bord ihres jeweiligen Messestands, der in Teilen sogar jenem aus dem Vorjahr stark ähnelte.

Was sich auf der IFA abzeichnete, dürfte so oder so ähnlich auch in Ostwestfalen zum Küchenherbst erwartbar sein: Produktsortimente werden eher in der Tiefe als in der Breite weiterentwickelt, was vor allem dem Einstiegs- und mittelpreisigen Segment zugutekommt. Jene Serien und Kollektionen erfahren Aufwertungen durch Funktionen, die bislang oftmals nur im Premiumsegment verfügbar waren.

Das sind kleine Details: Ein optischer Edelschliff hier, eine Dampfzugabe beim Backofen dort. Gedanklich soll das nicht nur dem Handel die Hand reichen, der derzeit zwischen weniger attraktiven Einstiegsgeräten und – in der Inflation – zu hochpreisigen Premiumgeräten verharrt. Es ist auch eine Frage der Kalkulation: „Wir haben die Wahl, dem Druck nachzugeben und unsere Preise zu senken“, sagt Bosch-Geschäftsführer Andreas Diepold. „Oder wir statten diese Geräte mit mehr Features aus.“

 

Künstliche Intelligenz als Zugpferd

Um Künstliche Intelligenz (KI) kommt dabei niemand mehr herum: Siemens Hausgeräte hat seine Gerichterkennung dank Kamera im Backofen von 40 auf 80 Gerichte erweitert; Bosch lässt seine Geschirrspüler auf Wunsch genau dann laufen, wenn der Strom besonders grün oder kostengünstig ist, und Miele gibt Kund:innen künftig den sogenannten „Pocket Assistent“ an die Hand, der mittels App und KI vielversprechende und schnelle Lösungen bei Fehlermeldungen und Software-Updates gibt.

Einen großen Auftritt legt AEG hin: Als einzige Marke traut sich das Unternehmen dieses Jahr an einen breitflächigen Relaunch heran und verspricht „die beste Küchenlinie auf den Markt, die es je von AEG gegeben hat“. Ein eindrucksvoller Bestandteil des vollmundigen Versprechens ist der neue „KI-Rezept-Assistent“, der willkürlich ausgewählte Rezepte aus dem Internet individuell verfeinern und dadurch gesünder und schmackhafter machen soll.

 

Jubiläum: Eigene (Be-)Deutungshoheit

Im Jahr der zahlreichen historischen Jubiläen – 100. Geburtstag der IFA, 125 Jahre Miele, 75 Jahre Liebherr und sogar 40 Jahre Haier – sind nicht nur die jeweiligen Meilensteine der Unternehmen ein wichtiger Ausdruck der eigenen Daseinsberechtigung. Immer wieder wird auf den Messeständen auch deutlich, dass dadurch Verlässlichkeit und Vertrauen in unsicheren Zeiten vermittelt werden sollen.

„Einmal Miele, immer Miele“ (Once a Miele, always a Miele) bekräftigen die Gütersloher – und unterstreichen das Versprechen mit Blick auf die zahlreichen Qualitäts- und Härtetests, die sich Produkte des Konzerns tagtäglich unterziehen müssen, um die beworbenen 20 Jahre Leistung zu erbringen. Mit einem Fokus auf Wäsche- und Bodenpflege kehrt Miele an seinem Jubiläum zurück zu seinen Anfängen, als das Unternehmen noch hauptsächlich Waschmaschinen produzierte. Für die Küchenindustrie ist, bis auf die Farbe „Pearlbeige“ für Einbaugeräte, dieses Mal nichts Neues von Miele dabei, aber das könnte sich in Ostwestfalen noch einmal ändern.

 

Nachhaltigkeit hat das Nachsehen – ein wenig

Und was hat es nun mit der Nachhaltigkeit auf sich, die so lange als Aushängeschild einer selbstbewussten und florierenden deutschen Hausgerätebranche galt? Auch die wird in 2024 thematisiert, natürlich – hat es aber in Krisenzeiten deutlich schwerer. Das ist nicht allein der Industrie geschuldet, die mit Umsatzeinbrüchen und Entlassungswellen derzeit andere Probleme bewältigen muss. Auch Konsument:innen, so bekräftigen es nahezu alle Hersteller einstimmig, zeigten in der Krise ein deutlich geringeres Interesse an nachhaltigen Lösungen, die zwangsläufig zu höheren Produktpreisen führten. Weiter auf Kurs bleibt hierbei vor allem Liebherr: Die Ochsenhausener präsentieren im Jubiläumsjahr ein starkes Bewusstsein für Energieeffizienz, das sich durch nahezu alle Geräte und Sparten zieht. Und mit dem Vollvakuum-Gefriergerät FNXa 522i erreicht erstmalig ein Elektrogroßgerät überhaupt weltweit die Zertifizierung „Cradle to Cradle Certified®“ – ist also vollständig recyclebar und produziert aus kreislauffähiger Perlit-Isolierung.

 

Überblick: Themen der IFA 2024

Zusammengefasst lassen sich folgende „Trends“ ausmachen, die sich auf der diesjährigen IFA 2024 herstellerübergreifend abgezeichnet haben:

 

  1. Vereinfachung von Küchenprozessen durch Automatisierung, KI und App-Steuerung
  2. Verlässlichkeit: erzeugt durch Stiftung Warentest-Auszeichnungen, Produkttests, Garantieverlängerungen
  3. Verstärkter Fokus auf das Einstiegs- und Mittelpreissegment: Attraktive Zusatzfeatures für günstige Produktlinien, Aufwertung in Design + Funktionalität
  4. Nachhaltigkeit: Kleine Schritte in Richtung ehemals großer Zielsetzungen, z.B. gesteigerter Recyclinganteil bei Geräten, höhere Verwendung von „Grünem Stahl“ und Ausblick auf Zukunftsprojekte, die 2025/26 kommen sollen
  5. Starke Hinwendung zu Wäsche- und Reinigungssortiment, d.h. Waschmaschine, Trockner, Staubsauger
  6. Historie: Viele Jubiläen – Markenbewusstsein wird hochgehalten – Krise wird nur teilweise adressiert – eher ein bewusstes „Aussitzen“ der derzeitigen Situation – Branche bewahrt Ruhe, ist aber deutlich geschwächt
  7. Superlative: Stärkere Abgrenzung von Mitbewerbern, z.B. durch Claim „made in Germany“

Einen ausführlichen Bericht zur IFA 2024 finden Sie in der Ausgabe 4/2024 von „Der Küchenprofi“ vor.

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